Aktuelles 2020 Polizei und Tätowierung

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16.05.2020: Polizei und Tätowierung – Zur Reichweite der beamtenrechtlichen Dienstpflichten

BVerwG, Urteil v. 14.05.2020 – 2 C 13.19

Mit Urteil v. 14.05.2020 hat der 2. Senat des BVerwG entschieden, dass es – bei Bestehen einer entsprechenden landesrechtlichen Gesetzesvorschrift – Polizeivollzugsbeamten untersagt ist, sich im beim Tragen der Dienstkleidung (Sommeruniform) sichtbaren Körperbereich, d.h. konkret an Kopf, Hals, Händen und Unterarmen, tätowieren zu lassen. Unabhängig von dieser unpräzisen Eingangsformel (es geht nicht um ein Tätowierungsverbot, sondern um das äußere Erscheinungsbild während des Dienstes) soll im Folgenden untersucht werden, ob das Urteil des BVerwG angesichts der Grundrechtsrelevanz überzeugt.

Sachverhalt: Dem Rechtsstreit lag eine ablehnende Entscheidung des Dienstherrn des klagenden Polizeibeamten zugrunde. Der Beamte hatte beim Dienstherrn beantragt, ihm eine beim Tragen der Dienstkleidung sichtbare Tätowierung mit dem verzierten Schriftzug „aloha“ auf dem Unterarm zu genehmigen. Das Tattoo solle an traumhafte Flitterwochen auf Hawaii erinnern. Der Dienstherr lehnte unter Verweis auf Art. 75 II des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBeamtG) den Antrag ab.

Art. 75 II BayBeamtG lautet: Soweit es das Amt erfordert, kann die oberste Dienstbehörde nähere Bestimmungen über ... das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen treffen. Dazu zählen auch Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale.

Problemaufriss: Wie bereits anhand des Wortlautes der Vorschrift unschwer zu erkennen ist, sind bereits die Eingangsformeln der Pressemitteilung des BVerwG: „Polizeivollzugsbeamte in Bayern dürfen sich an Kopf, Hals, Händen und Unterarmen nicht tätowieren lassen“ und: „Das Bayerische Beamtengesetz untersagt Polizeivollzugsbeamten unmittelbar, sich im beim Tragen der Dienstkleidung (Sommeruniform) sichtbaren Körperbereich, d.h. konkret an Kopf, Hals, Händen und Unterarmen, tätowieren zu lassen“ unpräzise. Denn das untersagt Art. 75 II BayBeamtG nicht – und schon gar nicht unmittelbar. Dort steht nichts von Tätowierungsverbot, sondern die Vorschrift befugt nur die oberste Dienstbehörde zum Erlass näherer Bestimmungen über das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen. Und auch der Dienstherr dürfte kein Tätowierungsverbot verhängen, sondern nur – bei Vorliegen eines Dienstvergehens – disziplinarrechtliche Maßnahmen ergreifen (siehe Art. 6 ff. BayDG). Im Folgenden soll das Urteil methodisch eingebettet in einer Grundrechtsprüfung aufbereitet werden.

Ausgangslage: Im vorliegenden Fall steht die Frage im Mittelpunkt, ob die allgemeinen beamtenrechtlichen Dienstpflichten bzw. Grundpflichten (§§ 60 ff. BBG; §§ 33 ff. BeamtStG) so stark wirken, dass sie die grundrechtlich gewährte Freiheit eines Beamten, sich tätowieren zu lassen, rechtswirksam einschränken können. In Betracht kommt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG. Wie bei R. Schmidt, Grundrechte, 25. Aufl. 2020, Rn. 266 erläutert, haben der BGH und das BVerfG mit Blick auf die Menschenwürde (Art. 1 I GG) schon frühzeitig die Notwendigkeit erkannt, dass dem Einzelnen ein verfassungsrechtlich verankertes Recht auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit zustehen muss, das über das reine Abwehrrecht des Art. 2 I GG hinausgeht (vgl. BGHZ 13, 334, 337 ff. – Leserbrief; 30, 7, 12 ff. – Caterina Valente; BVerfGE 35, 202, 220 ff. – Soldatenmord von Lebach; aus jüngerer Zeit vgl. etwa BVerfG NVwZ 2018, 877, 878 – geschlechtliche Identität; BVerfG 6.11.2019 – 1 BvR 16/13 Rn 80 – „Recht auf Vergessenwerden I“ – insoweit nicht abgedruckt in NVwZ 2020, 53 ff.; BVerfG 14.1.2020 – 2 BvR 1333/17 Rn 111 – Kopftuchverbot ggü Rechtsreferendarinnen; BVerwG NVwZ 2020, 247 ff. – Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbedienstete). Aus einer Zusammenschau aus Art. 2 I GG und Art. 1 I GG ergibt sich somit das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR), das unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung (des BVerfG) verschiedene Aspekte des sachlichen Schutzbereichs umfasst (Übersicht nach R. Schmidt, Grundrechte, 25. Aufl. 2020, Rn. 267 ff.):
  • Die Intimsphäre, insbesondere das Schamgefühl (vgl. BVerfG NJW 2015, 3158, 3159 – Körperliche Durchsuchung bei nacktem Körper) und das Sexualleben (BVerfG NJW 2015, 1506 ff. – kein Auskunftsanspruch Scheinvater gegen Mutter aus § 242 BGB auf Nennung des Namens des biologischen Vaters; BGH NJW 2016, 1094, 1095 f. – Löschungsanspruch in Bezug auf Intimfotos).
  • Die enge persönliche Lebenssphäre; das APR verleiht dem Einzelnen die Befugnis, sich (räumlich) zurückzuziehen, abzuschirmen, für sich und allein zu bleiben (vgl. nur BVerfGE 120, 180, 199; 101, 361, 382 ff. – jeweils Caroline von Hannover; BGH MDR 2017, 879 f).
  • Das Recht auf Selbstbestimmung. Damit ist zunächst das Recht gemeint, die eigene Abstammung zu kennen, die dem Betroffenen grds. nicht vorenthalten werden darf, da anderenfalls das Persönlichkeitsrecht verletzt sein kann (BVerfGE 90, 263, 270 f. – Anfechtung der Ehelichkeit; 96, 56, 63 – Recht auf Kenntnis des Vaters; BVerfG NJW 2016, 1939, 1940 – isolierte Klärung der Abstammung). Geschützt ist v.a. die sexuelle Selbstbestimmung, insbesondere in Bezug auf das Sexualleben, die Wahl der geschlechtlichen Identität, d.h. das Recht, einem bestimmten Geschlecht anzugehören, die Intersexualität und das Recht, weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht anzugehören (siehe dazu BVerfGE 47, 46, 73 – Sexualkundeunterricht; 49, 286, 287 ff. – Transsexueller; BVerfG NJW 2011, 909 – Transsexueller; NVwZ 2018, 877, 878 – geschlechtliche Identität; BVerwG NJW 2016, 2761 f. – Störung der Geschlechtsidentität; BGH NJW 2016, 1094, 1095 – geschlechtliche Intimität; siehe auch EuGH NVwZ 2018, 643 ff. – Homosexualitätstests für Asylbewerber mit Art. 7 GRC unvereinbar).
  • Das Recht auf Selbstbestimmung schließt das Recht ein, auf therapeutische Maßnahmen zu verzichten sowie lebensverlängernde Maßnahmen abzulehnen (BVerfG NJW 2017, 53, 55 ff.; BVerwG NJW 2017, 2215, 2217).
  • Nach der vom Verfasser bereits in der 21. Auflage (März 2017) seines Grundrechtsbuchs vertretenen Auffassung ist durch Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG generell die Entscheidung über den selbstbestimmten Tod und damit auch über den Suizid geschützt, jedenfalls sofern die freie Willensbestimmung nicht ausgeschlossen ist (so die 21. Aufl. Rn. 290; später auch BVerwG NJW 2017, 2215, 2217 sowie BGH NJW-RR 2017, 964, 965). Die staatliche Schutzpflicht muss hinter das Recht des Einzelnen auf einen frei verantworteten Suizid zurücktreten (21. Aufl. a.a.O.).
  • Und nicht zuletzt schützt das APR auch die Freiheit, den eigenen Körper nach Belieben mit Tätowierungen zu versehen.
Ist damit also hinsichtlich Tätowierungen der sachliche Schutzbereich des APR eröffnet, ist des Weiteren zu prüfen, ob sich der Kläger als Beamter uneingeschränkt auf Freiheitsrechte berufen kann (persönlicher Schutzbereich). Denn nach der insbesondere von Otto Mayer entwickelten Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis besteht eine enge Beziehung zwischen dem Staat und solchen Bürgern, die aufgrund von Soldaten-, Beamten-, Strafgefangenen-, Schul- oder (sonstigen) Anstaltsverhältnissen in einem Unterordnungsverhältnis zum Staat stehen. Der in einem „besonderen Gewaltverhältnis“ zum Staat stehende Bürger werde gleichsam in den Staatsapparat einbezogen mit der Folge, dass die Grundrechte und der Gesetzesvorbehalt – die nur das allgemeine Bürger-Staat-Verhältnis bestimmten – nicht zur Geltung kämen. Demzufolge sei eine gesetzliche Rechtsgrundlage auch bei belastenden Maßnahmen gegenüber den im besonderen Gewaltverhältnis stehenden Bürgern nicht erforderlich (vgl. Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1924, S. 101 f.). Das „besondere Gewaltverhältnis“ mit der Nichtgeltung bzw. eingeschränkten Geltung der Grundrechte ist jedoch weder mit dem modernen Demokratieverständnis noch mit dem Rechtsstaatsprinzip (d.h. den Grundsätzen aus Art. 1 III GG und Art. 20 III GG) vereinbar (BVerfGE 33, 1 ff.; vgl. auch BVerfGE 41, 251 ff.). Auch Richter, Soldaten, Polizisten, Justizbeamte, Strafgefangene usw. sind – trotz der öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung zum Staat – Grundrechtsträger. Grundrechtsbeeinträchtigende Maßnahmen bedürfen daher – wie noch auszuführen sein wird – stets einer gesetzlichen Rechtsgrundlage und müssen auch den übrigen grundgesetzlichen Anforderungen (insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) gerecht werden.

Zu prüfen ist weiterhin, ob ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegt. Dem Rechtsstreit lag – wie aufgezeigt – eine ablehnende Entscheidung des Dienstherrn des klagenden Polizeibeamten zugrunde. Der Beamte hatte beim Dienstherrn beantragt, ihm eine beim Tragen der Dienstkleidung sichtbare Tätowierung mit dem verzierten Schriftzug „aloha“ auf dem Unterarm zu genehmigen, was der Dienstherr abgelehnt hatte. Klage und Berufung des Beamten blieben ohne Erfolg. Gegenstand der Beschwer ist somit die gerichtlich bestätigte Ausgangsentscheidung des Dienstherrn. Diese bildet mithin den Eingriffsakt.

(Staatliche) Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind trotz der Bezugnahme auf Art. 1 I GG grds. rechtfertigungsfähig. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist dogmatisch dem Art. 2 I GG zugeordnet, dessen Schutzniveau lediglich durch Art. 1 I GG verstärkt wird (siehe R. Schmidt, Grundrechte, 25. Aufl. 2020, Rn. 266). Insoweit zieht die Rspr. auch die Schrankentrias des Art. 2 I GG heran (Vgl. nur BVerfG NJW 2001, 594, 595 – Willy Brandt; BVerfGE 120, 180, 201; 101, 361, 387 – jeweils Caroline von Hannover; 97, 391, 401; BVerfG NJW 2001, 2320, 2321 – DNA-Identitätsfeststellungsgesetz – allesamt zurückgehend auf BVerfGE 65, 1, 43 – Volkszählung).

(Staatliche) Eingriffe bedürfen daher zunächst einer formellen gesetzlichen Grundlage (die selbstverständlich auch die allgemeinen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen wie das Bestimmtheitsgebot, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz etc. beachten muss; insoweit lediglich klarstellend BVerfG NJW 2018, 2385, 2386 – Durchsuchung von Kanzleiräumen – mit Verweis auf BVerfGE 113, 29, 50 ff.). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist (trotz der Heranziehung der Schrankentrias des Art. 2 I GG) wegen der Hochrangigkeit und Absolutheit des Würdeschutzes ein strengerer Maßstab anzulegen als bei der allgemeinen Verhaltensfreiheit aus Art. 2 I GG (vgl. BVerfG NJW 2014, 2019, 2021: „Eine Regelung, die zu Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ermächtigt, ist jedoch nur dann zulässig, wenn sie zum Schutz eines gewichtigen Gemeinschaftsgutes geeignet und erforderlich ist und der Schutzzweck hinreichend schwer wiegt, so dass er die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts in ihrem Ausmaß rechtfertigt“; siehe auch BVerwG NVwZ 2020, 247 ff. – Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbedienstete).

Eingriffsgrundlage (Rechtsgrundlage) könnte Art. 75 II S. 1 BayBeamtG sein. Nach dieser Vorschrift kann – soweit es das Amt erfordert – die oberste Dienstbehörde nähere Bestimmungen u.a. über das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen treffen. Dazu zählen gem. Art. 75 II S. 2 BayBeamtG auch Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale.

Fraglich ist aber zunächst, ob diese Vorschrift dem Bestimmtheitsgrundsatz entspricht. Dieser Grundsatz ist nicht nur Ausdruck des Demokratieprinzips, sondern auch des Rechtsstaatsprinzips. Er besagt, dass eine Rechtsvorschrift klar zum Ausdruck bringen muss, welche Auswirkungen die gesetzliche Regelung für den Bürger hat (vgl. BVerfGE 49, 168, 181; 59, 104, 114; 62, 169, 182 f.; 80, 103, 107 f.; 114, 1, 53; BVerfG NVwZ 2011, 94, 99 f.; BVerfG NJW 2018, 2619, 2622 – Fixierung von untergebrachten Personen). Ist das Gesetz zu unbestimmt, ist es schon deshalb verfassungswidrig (siehe R. Schmidt, Staatsorganisationsrecht, 21. Aufl. 2020, Rn. 191). Zweifel an der Bestimmtheit bestehen also insbesondere dann, wenn das Gesetz unbestimmte Rechtsbegriffe enthält.

Nach Auffassung des BVerwG (das insoweit Bezug nimmt auf den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof) stellt Art. 75 II S. 1 BayBeamtG eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage dar, die die oberste Dienstbehörde ermächtigt, bei Polizeivollzugsbeamten das Tragen von Tätowierungen zu reglementieren. Im Gesetz sei für im Dienst stehende Polizeivollzugsbeamte ein hinreichend vorhersehbares und berechenbares Verbot für Tätowierungen und andere nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale (wie etwa ein Branding oder ein Ohrtunnel) im beim Tragen der Uniform sichtbaren Körperbereich geregelt. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung. Danach seien äußerlich erkennbare Tätowierungen und vergleichbare auf Dauer angelegte Körpermodifikationen im sichtbaren Bereich mit der Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten unvereinbar.

Stellungnahme: Zwar wurde vom Verfasser aufgezeigt, dass vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen stets kritisch zu betrachten ist. Andererseits ist die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen in einem System abstrakt-genereller Rechtsetzung aber unerlässlich. Der Gesetzgeber kann nicht alle erdenklichen Lebenssachverhalte antizipiert in den Normen aufnehmen. Dafür bietet das Leben zu viele Besonderheiten und Verschiedenartigkeiten. Daher muss der Wortlaut einer Norm – freilich unter Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes – ein bestimmtes Maß an Abstraktheit aufweisen. Hinzu kommt, dass es der Verwaltung möglich sein muss, auch atypischen, unvorhersehbaren Situationen zu begegnen. Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG bestehen gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe keine Bedenken, „wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden (vgl. dazu nebst Beispielen R. Schmidt, Allgemeines Verwaltungsrecht, 22. Aufl. 2020, Rn. 269 ff.), insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt“ (BVerfG NJW 2018, 2619, 2622 – Fixierung von untergebrachten Personen – mit Verweis auf BVerfGE 45, 363, 371 f.; 86, 288, 311 (st. Rspr.). Vorliegend lässt sich mit dem BVerwG gut vertreten, Art. 75 II BayBeamtG sei hinreichend bestimmt formuliert. Denn in S. 2 der Bestimmung ist von „sonstige(n) sichtbare(n) und nicht sofort ablegbare(n) Erscheinungsmerkmale(n)“ die Rede. Tätowierungen sind nicht „sofort ablegbar“ und – sofern sie am Gesicht, am Hals oder an (Unter-)Armen angebracht sind – i.d.R. auch „sichtbar“. Gerade bei Tragen einer Sommeruniform sind Tätowierungen am Hals und an den (Unter-)Armen i.d.R. gut sichtbar.

Möglicherweise ist aber jedenfalls zu beanstanden, dass das BVerwG – jedenfalls in seiner Pressemitteilung zum noch nicht veröffentlichten Urteil – methodisch nicht (hinreichend) zwischen dem Bestimmtheitsgrundsatz und der Wesentlichkeitsrechtsprechung des BVerfG differenziert. Denn aus dem Demokratieprinzip (aber auch aus dem Rechtsstaatsprinzip) folgt weiterhin die Verpflichtung des parlamentarischen Gesetzgebers, in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen. Geht es um Grundrechtseingriffe, hat er die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen. Lediglich die Befugnis zur Regelung von Einzelheiten und Konkretisierungen darf der Exekutive überlassen werden. Soll die Einschränkung einer Rechtsverordnung, Satzung oder einem Verwaltungsakt überlassen bleiben, muss das ermächtigende förmliche Gesetz aber alle für die Grundrechtsausübung wesentlichen Fragen selbst regeln. Speziell zur Berufsfreiheit gilt dabei: Je schwerwiegender der Eingriff in die Berufsfreiheit ausfällt, desto detaillierter muss die formell-gesetzliche Regelung sein. Lediglich Randfragen der Berufszulassung und generell Fragen der Berufsausübung können der Exekutive überlassen werden (siehe R. Schmidt, Grundrechte, 25. Auflage, 2020, Rn. 798). Und in einer anderen Entscheidung heißt es: „Dabei muss der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind (...). Je stärker in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen wird, desto deutlicher muss das gesetzgeberische Wollen zum Ausdruck kommen (...)“ (BVerfG NJW 2019, 584, 585 mit Verweis auf BVerfGE 73, 280, 295; 80, 1, 20; 87, 287, 317; 98, 49, 60).
Vor diesem Hintergrund ist zweifelhaft, ob Art. 75 II S. 1 BayBeamtG der Wesentlichkeitsrechtsprechung gerecht wird. Denn in dieser Vorschrift wird lediglich die oberste Dienstbehörde ermächtigt, nähere Bestimmungen u.a. über das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen treffen, wozu auch Bestimmungen über Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale zählen. Das Gesetz selbst enthält keine konkreten Angaben über die Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild. Das legt die Annahme eines Verstoßes gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung nahe.

So stellt etwa eine Verordnung eines Landesjustizministeriums, die es dem Justizprüfungsamt erlaubt, auf der Basis einer Auflage einer Rechtsreferendarin muslimischen Glaubens zu verbieten, im Gerichtssaal (auf der Richterbank sitzend bzw. als Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaft agierend) oder bei Vernehmungen ein Kopftuch zu tragen, keine hinreichende Rechtsgrundlage dar (richtig VG Augsburg 30.6.2016 – Au 2 K 15.457 – mit Bespr. v. Muckel, JA 2017, 78; siehe auch BVerfG NJW 2017, 2333, 2334 – Kopftuchverbot ggü einer Referendarin im Gerichtssaal; VGH München BayVBl 2018, 672). Denn eine solche Angelegenheit ist von einer derart hohen Grundrechtsrelevanz, dass sie nur durch den förmlichen Gesetzgeber geregelt werden könnte. Existiert also keine Verbotsregelung im Justizausbildungsgesetz (JAG) bzw. keine Verweisung von dort auf die beamtengesetzliche Regelung über die Neutralitätspflicht (in der jeweils geltenden Fassung, sog. dynamische Verweisung), liegt ein Verstoß gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung vor (siehe BVerfG 14.1.2020 – 2 BvR 1333/17 Rn. 84 –Kopftuchverbot ggü Rechtsreferendarinnen).

Auch ist die Festlegung von Altershöchstgrenzen für die Einstellung in den öffentlichen Dienst derart wesentlich für die betroffenen Bewerber, dass sie nur durch formelles Gesetz erfolgen kann. Werden Altersgrenzen lediglich in Laufbahnverordnungen (Rechtsverordnungen) festgelegt, ist dies bereits wegen Verstoßes gegen Art. 80 I S. 2 GG bzw. die Wesentlichkeitsrechtsprechung rechtswidrig, wenn es an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage fehlt.

Auch bestimmte körperliche Anforderungen, die an einen Beruf gestellt werden (etwa Mindestgröße für den Polizeidienst), müssen vom Gesetzgeber selbst geregelt werden und dürfen weder der Regelung durch Laufbahnverordnung (Rechtsverordnung) noch durch Ministeriumserlass (Verwaltungsvorschrift) überlassen werden (siehe dazu VG Düsseldorf 8.8.2017 – 2 K 7427/17 – mit Verweis auf BVerfGE 139, 19; siehe auch OVG Münster NWVBl 2018, 27 ff.).

Ebenso ist entschieden worden, dass die Ablehnung eines Polizeibewerbers wegen einer (sichtbaren) Tätowierung schon allein dann rechtswidrig ist, wenn sich die Kriterien für die Ablehnungsentscheidung nicht auf eine formell-gesetzliche Rechtsgrundlage stützen lassen; keinesfalls genügt eine Verwaltungspraxis (OVG Berlin-Brandenburg 28.8.2018 – 4 S 36.18).

Überträgt man die in den genannten Fällen gewonnenen Erkenntnisse, könnte das in der Tat zu der Annahme führen, Art. 75 II S. 1 BayBeamtG werde der Wesentlichkeitsrechtsprechung nicht gerecht. Jedoch relativiert das BVerfG die aufgezeigten vermeintlich hohen Anforderungen wiederum, indem es formuliert, dass sich die Eingriffsvoraussetzungen nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben müssten; es genüge, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (BVerfG NJW 2019, 584, 585 mit Verweis auf BVerfGE 19, 17, 30; 58, 257, 277; 62, 203, 210; 80, 1, 20 f.; 82, 209, 224).

Wohl vor diesem Hintergrund hat das BVerwG im vorliegenden Fall entschieden, dass bereits im Bayerischen Beamtengesetz selbst für im Dienst stehende Polizeivollzugsbeamte ein hinreichend vorhersehbares und berechenbares Verbot für Tätowierungen und andere nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale (wie etwa ein Branding oder ein Ohrtunnel) im beim Tragen der Uniform sichtbaren Körperbereich geregelt sei. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung.

Auch wenn man damit von der Vereinbarkeit des Art. 75 II BayBeamtG mit der Wesentlichkeitsrechtsprechung ausgeht, bleibt noch die Frage zu klären, ob die Regelung des Art. 75 II BayBeamtG und die darauf ergangene behördliche Versagungsverfügung auch verhältnismäßig sind.

Da die gesetzliche Regelung der obersten Dienstbehörde lediglich die Befugnis einräumt, nähere Bestimmungen über das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen zu treffen, nicht aber zwingende Maßnahmen vorschreibt, ist sie als Ermessensnorm insoweit nicht zu beanstanden (Anm.: In einer Fallbearbeitung müssten die Komponenten des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geprüft werden; bei der Angemessenheit wäre dann das Schutzgut der beamtenrechtlichen Neutralitätspflicht mit dem APR – abstrakt – abzuwägen).

Bei der Einzelfallprüfung erweist sich die Verhältnismäßigkeit als problematisch. Kann man von der Geeignetheit und Erforderlichkeit noch ausgehen, ist aber die Angemessenheit der Versagungsverfügung zweifelhaft. Denn angemessen ist eine staatliche Maßnahme nur dann, wenn das mit ihr verfolgte Ziel in seiner Wertigkeit nicht außer Verhältnis zur Intensität des Eingriffs steht (vgl. nur BVerfG NJW 2019, 1432, 1433; BVerfG NJW 2019, 827, 830; BVerfG NJW 2019, 584, 585; BVerfGE 117, 163, 182 f.; 133, 277, 322; BVerwG NJW 2018, 2067, 2070). Je schwerwiegender die Grundrechtsbeeinträchtigung ist, desto gewichtiger müssen die Gründe für die Einschränkung sein. An dieser Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne könnte es vorliegend fehlen. Das mit der Versagung der Genehmigung des Stechens einer beim Tragen der Dienstkleidung sichtbaren Tätowierung mit dem verzierten Schriftzug „aloha“ auf dem Unterarm verfolgte Ziel ist die Gewährleistung der Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten. Die Rechtsgemeinschaft soll sich darauf verlassen dürfen, dass Polizeibeamte als Repräsentanten des demokratischen Rechtsstaates stets neutral und unvoreingenommen ihren Dienst verrichten und entsprechend auftreten. In Ansehung von Funktion und Bedeutung ihres Amtes haben sie staatliche Neutralität und Gesetzestreue zu verkörpern (siehe etwa § 60 BBG, § 33 BeamtStG). Zu Recht weist die Rechtsprechung darauf hin, dass das Berufsbeamtentum eine stabile gesetzestreue Verwaltung sichern, die freiheitlich demokratische Rechtsordnung verteidigen und durch Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen soll. Das Vertrauen, dass der Beamte diesem Auftrag gerecht werde, und dessen er zur Erfüllung seiner Aufgabe bedürfe, dürfe der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (VG Magdeburg, Urt. v. 28.1.2020 – 15 A 4/19 Rn. 26 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 30.08.2000 – 1 D 37.99).

Allerdings hat sich in jüngerer Zeit ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen. So werden nach der Rechtsprechung (siehe etwa VG Magdeburg, Urt. v. 28.1.2020 – 15 A 4/19) Beamte nicht mehr als Vorbild in allen Lebenslagen angesehen, die besonderen Anforderungen an Moral und Anstand unterliegen. Die Vorstellung, dass der Beamte „niemals Privatmann“ sei, sondern auch außerhalb des Dienstes Beamter, der stets auf seine Amtsstellung Rücksicht zu nehmen habe, habe der Gesetzgeber zum Schutz der Privatsphäre des Beamten bewusst aufgegeben (siehe § 47 I S. 2 BeamtStG, wo der in der Vorgängervorschrift des BRRG vorhandene Ansehensverlust nicht übernommen wurde). Der Gesetzgeber habe durch die gesetzliche Regelung zum Ausdruck bringen wollen, dass von einem Beamten außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet werde. Das trifft auf im Privatleben angebrachte Tätowierungen zu. Tätowierungen weisen jedoch die Besonderheit auf, dass sie sich während der Dienstausübung allenfalls verdecken, nicht aber ablegen lassen, wodurch ein innerdienstlicher Bezug hergestellt ist. Daher lassen sich die Pflichten insbesondere eines Polizeibeamten, in Ansehung von Funktion und Bedeutung ihres Amtes staatliche Neutralität und Gesetzestreue zu verkörpern, nicht relativieren.

Freilich bleibt die Frage zu beantworten, ob eine beim Tragen der Dienstkleidung sichtbare Tätowierung mit dem Schriftzug „aloha“ auf dem Unterarm das Ansehen des Beamten im Hinblick auf Neutralität und Gesetzestreue tatsächlich zu erschüttern vermag. Das BVerwG ist dieser Auffassung. Äußerlich erkennbare Tätowierungen und vergleichbare auf Dauer angelegte Körpermodifikationen im sichtbaren Bereich seien mit der Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten unvereinbar. Durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte individuelle Interessen der Polizeivollzugsbeamten an einer Tätowierung müssten für den – bezogen auf den Gesamtkörper beim Tragen der Dienstkleidung kleinen – sichtbaren Bereich gegenüber der Notwendigkeit eines einheitlichen und neutralen Erscheinungsbildes zurücktreten.

Stellungnahme: Eine solche Annahme ist – entgegen der Auffassung des BVerwG – nicht zwingend. Denn wie aufgezeigt, sind auch an innerdienstliche Verhaltensweisen mit Persönlichkeitsbezug nicht mehr dieselben hohen Maßstäbe anzulegen, wie das früher der Fall war. Geht also von einer Tätowierung keine die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdende Wirkung aus (wie das insbesondere bei den Nationalsozialismus verherrlichenden Motiven der Fall wäre) und bringt sie keine beleidigenden, gewaltverherrlichenden, Angst einflößenden oder obszönen Botschaften zum Ausdruck und sollte auch nicht die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten in Frage gestellt sein, sollte dem APR der Vorrang verliehen werden.   

So hat auch das OVG Münster im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass das Land NRW einen Polizeianwärter nicht wegen einer großflächigen Löwen-Tätowierung auf der Brust ablehnen darf (OVG Münster, Beschl. v. 12.05.2020 – 6 B 212/20). Die den Antrag auf Einstellung in den Polizeidienst ablehnende Dienstbehörde begründete ihre Entscheidung damit, es bestünden wegen des Tattoos Zweifel an der charakterlichen Eignung. Der Zähne fletschende Löwenkopf wirke angriffslustig und aggressiv auf den Betrachter und er vermittle einen gewaltverherrlichenden Eindruck. Der Polizeianwärter bringe damit zum Ausdruck, dass er sich nicht an die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gebunden fühle.

Nun wurde auch vom Verfasser dieses Beitrags aufgezeigt, dass gewaltverherrlichende Motive durchaus die Gewährleistung der Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten in Frage stellen. Die Rechtsgemeinschaft soll sich darauf verlassen dürfen, dass Polizeibeamte als Repräsentanten des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates stets neutral und unvoreingenommen ihren Dienst verrichten und entsprechend auftreten (s.o.). Jedoch darf bezweifelt werden, ob das Motiv eines Zähne fletschenden Löwenkopfs angriffslustig und aggressiv auf den Betrachter wirkt und einen gewaltverherrlichenden Eindruck vermittelt, der Zweifel an der Bindung an die freiheitliche demokratische Grundordnung aufkommen lässt. Denn auch die Rechtsprechung geht (in Bezug auf die Meinungsäußerungsfreiheit) im Allgemeinen davon aus, dass bei Aussagen mehrdeutigen Inhalts diejenige zugrunde zu legen sei, die von dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei. Verkenne das Gericht diese Deutungsmöglichkeit und damit die Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit, verletze es mit seinem die Meinungsäußerungsfreiheit beschränkenden Urteil das Grundrecht aus Art. 5 I S. 1 Var. 1 GG (BVerfG NJW 2009, 908, 909). Generell hat das BVerfG in zahlreichen Entscheidungen in Zweifelsfällen eine weite, nämlich diejenige Auslegung gewählt, „welche die juristische Wirkungskraft der Grundrechtsnorm am stärksten entfaltet“ (Vgl. nur BVerfGE 7, 377, 397; 32, 54, 72; 39, 1, 38; 78, 179, 193).
Zu Recht hat daher auch das OVG Münster entschieden, dass der fein konturierten, realitätsgetreuen Abbildung eines männlichen Löwenkopfes in brüllender Manier kein in ihrem Deutungsgehalt eindeutiger, die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Frage stellender Inhalt zukomme. Angesichts der Intensität des mit der Ablehnung verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit bedürfe es weiterer Anhaltspunkte, um aus dem vom Antragsteller gewählten Motiv auf eine Eignungszweifel begründende, hier insbesondere gewaltverherrlichende Einstellung seiner Person schließen zu können. An solchen Anhaltspunkten fehle es hier jedoch. Der Antragsteller habe eine gewaltverherrlichende Einstellung dementiert und auf im Zusammenhang mit seiner Trainertätigkeit erworbene soziale Kompetenzen hingewiesen. Für ihn stehe der Löwe für Stärke, Mut und Macht (OVG Münster, Beschl. v. 12.05.2020 – 6 B 212/20).

Ergebnis: Übertragen auf den vorliegend zu besprechenden Fall bedeutet das: Es ist bereits zweifelhaft, ob die Vorschrift des Art. 75 II BayBeamtG mit der Wesentlichkeitsrechtsprechung des BVerfG vereinbar ist. Jedenfalls aber ist die ablehnende Entscheidung der obersten Dienstbehörde unverhältnismäßig, weil sie die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verkennt. Denn geht von einer Tätowierung keine die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdende Wirkung aus (wie das insbesondere bei den Nationalsozialismus verherrlichenden Motiven der Fall wäre) und bringt sie keine beleidigenden, gewaltverherrlichenden, Angst einflößenden oder obszönen Botschaften zum Ausdruck, ist dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Vorrang zu gewähren, außer, aus dem Gesamterscheinungsbild ergibt sich die Gefahr, dass die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion von uniformierten Polizeivollzugsbeamten nicht gewährleistet ist. Die ablehnende Entscheidung der obersten Dienstbehörde sowie die sie bestätigenden Gerichtsurteile sind – da sie dieser Frage offenbar nicht nachgegangen sind – rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Rolf Schmidt (16.05.2020)



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